
Herrenläden
Refugium für coole Jungs
Exklusive Whiskeys, Maniküre und Markenklassiker: Herrenläden hält eine neue "Gentleman"-Kultur Einzug in den Handel.
Jazzmusik läuft im Hintergrund, die Männer scherzen, aber arbeiten hoch konzentriert. Mit geübtem Griff setzt der Barbier die Klinge an und schneidet eine präzise Kante zwischen Barthaar und Adamsapfel. Mindestens 20 Minuten dauert die Rasur – 14 Arbeitsschritte sind nötig mit warmen und kalten Tüchern, Bürsten und Kämmen oder kleinen Massagen, dem Schnitt selbst bis hin zu Pflege- und Glanzprodukten aus nostalgischen Tiegeln in Kaviardöschengröße. Am Schluss noch ein paar Tropfen Aftershave mit sanftem Klopfen verteilen, der Kunde nickt zustimmend, richtet sich auf und blickt zufrieden in sein Spiegelbild. Perfekt.

Läden ohne Lockenwickler
Wer in den „Barbershop Cologne“ kommt, möchte mehr als nur eine Bartpflege. Der will eintauchen in ein Lebensgefühl aus Wellness, Tradition und alter Handwerkskunst. Damit liegt der Laden im Belgischen Viertel von Köln auf der Höhe der Zeit. Denn in fast jeder deutschen Großstadt hat in den vergangenen Jahren ein Barbershop für Bart und Kopfhaar eröffnet – Läden nur für Männer, ohne zwangsweise Seitenblicke auf die Lockenwickler und Folienpakete der in „gemischten“ Salons üblicherweise eben auch anwesenden weiblichen Kundschaft.

Mann ist wieder gern unter sich, gerne auch mal mit einem Glas Craft Beer oder edlem Whiskey, wie es auch im „Gentlemen’s Circle“ in Berlin ausgeschenkt wird. Gründer André Goerner hat am Gendarmenmarkt eine „Manufaktur für Herrenkultur“errichtet. In den Räumen stehen schwere Sessel auf edlem Parkett, im Barbereich wird ein sanft leuchtender Tresen aus reinem Onyx zum Blickfang. In der Luft schwebt der Duft von Zedern- und Sandelholz, Leder und Herrendüften.
Hier gibt es von der Rasur bis zum Maßanzug, von der Maniküre bis zur Schweizer Uhr über exklusive Whiskeys und Zigarren alles, was der moderne Mann begehrt. Der kommt nicht unbedingt nur zum Bummeln aus der Hipsterszene Berlins hereinspaziert. Handwerker, Selbstständige und Unternehmer fühlen sich dort wohl, am Freitagabend treffen sich Gleichgesinnte zum „Smoking Friday“ nach Ladenschluss. „Der ‚Gentlemen’s Circle‘ ist ein Ort, der meiner Vorstellung von einer perfekten Männerwelt entspricht, und ich lade alle interessierten Herren ein, Teil dieser Welt zu werden“, sagt Goerner.

Läden nur für Männer: Kann das gut gehen?
Soziologisch betrachtet rätseln die Experten noch: Sind sie Ausdruck eines nostalgisch-konservativen Männlichkeitsideals, vielleicht sogar eine Wiederbelebung klassischer Rollenbilder? Oder spiegelt sich in ihnen die Sehnsucht nach langlebigen Produkten gepaart mit einer guten Beratung rund ums persönliche Styling als Gegenmodell zu einer Warenwelt, in der die Produkte zunehmend austauschbar werden?
Fakt ist: Nicht nur in Köln und Berlin, auch bei „Vater & Sohn“ in Hamburg oder „Franz & Emil“ in Dresden scheint das Konzept aufzugehen. Jenseits von Fashion-Hypes und Massenprodukten pflegen die Herrenausstatter ein Sortiment mit authentischen Markenklassikern wie „Iron Heart“, „The Real McCoy’s“, „Tricker’s of England“ oder „Baracuta“ – hochwertige, traditionell gefertigte Kleidungsstücke, die geschaffen wurden, um ein Leben lang zu halten und um seinen Besitzer mindestens genauso lange zu begleiten. Kleidung, die den eigenen Stil definiert – und nicht bloß schmückt, dekoriert oder praktisch ist. Wer auf diesen Zusatznutzen Wert legt, der kauft auch anders ein.