© Studio Tomas Saraceno

Hidden Places
Abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten

06/2022

Dienstreisen und persönliche Treffen im Arbeitskontext werden nun wieder vermehrt stattfinden. Warum nicht mal die Gelegenheit nutzen und anschließend auf Entdeckungstour gehen? Wir geben Tipps für besondere Orte, damit die Dienstreise auch nach dem Termin interessant ist.

Zu Meetings reisen viele Arbeitende in die großen Städte. Meistens besuchen Sie dabei nur die Büros, ein Hotel oder Restaurant, dann geht es zurück in die Heimat. Dabei bieten Dienstreisen die Chance, Städte neu zu entdecken. Wir haben für Sie fünf Metropolen im deutschsprachigen Raum recherchiert: Top-Stars wie Wien und Hamburg, aber auch Städte, die im Schatten größerer Nachbarn ein gefragtes Eigenleben führen: Leipzig, Düsseldorf und Bern. Wer Business und Leisure gern zur Neuschöpfung „Bleisure“ kombinieren möchte, dem empfehlen wir diese fünf Metropolen in drei Ländern und verraten auch, was Sie dort erleben können, ohne ganz vielen Tourist:innen zu begegnen. Hier kommen unsere „Hidden Places“.

Hamburg
In der stolzen Hansestadt an der Elbe kann man eine Weltklasse-Elbphilharmonie besuchen – oder zwei Weltklasse-Zweitligisten. Doch dieses Vergnügen muss man sich mit Tausenden teilen. Wie wäre es da mit dem einen oder anderen „Hidden Place“? Im Südosten der Stadt verbirgt sich mit der Boberger Düne Hamburgs letzte Wanderdüne. Ein ungewöhnliches Naturschutzgebiet, zu dem auch ein Segelflugplatz und ein Badesee zählen. Rauer ist der Charme der Veddel südlich der Elbbrücken. Hier lohnt sich die Entdeckung des Hamburger Auswanderermuseums „BallinStadt“. 1901 errichtete die Reederei HAPAG, deren legendärer Chef Albert Ballin war, hier ihre Auswandererhallen für Millionen Menschen aus Mitteleuropa auf ihrem Weg nach Übersee.

Mehr Zukunft als Geschichte hat die Hafencity am anderen Elbufer. Der neue Stadtteil wächst auf ehemaligem Freihafengelände und soll einmal 14.000 Einwohner:innen beherbergen. Magellan-Terrassen, Vasco-da-Gama-Platz, Marco-Polo-Tower, das klingt nach Fernweh und weiter Welt, sind aber vor allem teure Wohnadressen aus Glas und Beton von Stararchitekten wie gmp, Behnisch und Teherani. Heißer Tipp: die Hafencity während einer Architekturführung kennenlernen!

Abenteuerlich: In der Rauminstallation „in orbit“ bewegen sich Besucher:innen durch ein Spinnennetz aus Stahl
© Studio Tomas Saraceno

Düsseldorf
Düsseldorf besitzt den aktuellen Landtag und sogar auch einen ehemaligen Landtag. Dieses historische „Ständehaus“ weihte Ex-Ministerpräsident Johannes Rau vor 20 Jahren als „K 21“ ein: eine neue Heimat für zeitgenössische Kunst. Heute schwebt hoch über der Piazza des Museums eine zu Kunst gewordene Mutprobe: die riesige Rauminstallation „in orbit“ des Künstlers Tomás Saraceno. Wer Trekkingschuhe mitbringt, schwindelfrei und ohne Höhenangst ist, kann 25 Meter über der Museumskasse im Spinnennetz aus Stahl herumturnen. Puh.
Weniger Mut, doch dafür eine rechtzeitige Buchung erfordert die Theaterkantine in Düsseldorf. Im Gewerbehof „Alte Farbwerke“ erlebt man nicht nur den Charme historischer Industriearchitektur, sondern auch freches Boulevardtheater, kombiniert mit lässiger Gastronomie. Tipp: neugierig, hungrig und durstig hingehen, denn diese drei Bedürfnisse werden in der Theaterkantine zuverlässig gestillt. Mehr Sinnwelten – Weite und Horizonte – erschließt ein Ausflug nach Kaiserswerth, am besten per Rad. Düsseldorfs ältester Stadtteil liegt zehn Rheinkilometer flussabwärts, und das Schöne daran ist: Die Radtour wird zur Rundtour, weil man für den Hin- und Rückweg das Rheinufer wechseln kann.

Bilderrausch: Das Leipziger Panometer fesselt mit atemberaubenden Aufnahmen
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Leipzig
Sachsens Metropole ist längst aus den Schatten Berlins und Dresdens herausgetreten. Leipzig wächst seit Jahren, nicht zuletzt durch Zuzug aus Berlin, zuletzt auf über 600.000 Einwohner:innen. Nirgends in Deutschland rollen mehr Straßenbahnen auf einem weitgespannten Netz. Zum Beispiel zum Panometer: Das ehemalige Gasometer ist heute ein Kulturgebäude, in dem Yadegar Asisi Jahr für Jahr ein monumentales Panoramabild präsentiert, verbunden mit einer Ausstellung.

Leipzig badet im Cospudener See. Er entstand aus einem Tagebaurestloch, das schon zu DDR-Zeiten geflutet wurde. Das 4,4 Quadratkilometer große, im Volksmund Cossi genannte Gewässer war der erste neu genutzte Bergbaurestsee. Er bietet zahlreiche Freizeit-, Erholungs- und Sportmöglichkeiten. Sachsens Metropole ist außerdem Deutschlands historische Verlagshauptstadt. Werfen Sie in Leipzig unbedingt einen Blick in die Nationalbibliothek! Und für die stilvolle Übernachtung könnte sich ein Meisterzimmer in der Leipziger Baumwollspinnerei eignen.

Bern
Bei jedem Wetter tummeln sich Bernerinnen und Berner in der Aare, mit hervorragender Aussicht auf das Bundeshaus. Für das Bad im Fluss gibt es das Gratis-Freibad Marzili. Dort sollte man sich zu einer Einstiegsstelle flussaufwärts begeben, denn die spürbare Strömung der Aare nimmt Badegäste gern ein Stück zu Ausstiegsstellen weiter unten mit. Der wasserreichste Nebenfluss des Rheins entspringt einem Gletscher, weshalb das Badewasser rund ums Jahr erfrischt!

Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen! Auch diese legendäre Formel des deutschen Fußballs hat ihren Ursprung in Bern: Im dortigen Wankdorf-Stadion wurden Helmut Rahn, Fritz Walter und Co. 1954 Weltmeister. Das Stadion der Young Boys Bern wurde zwar 2001 neu gebaut, heißt aber immer noch Wankdorf und kann bei Führungen besichtigt werden. Treffpunkt ist immer die historische Longines-Uhr, die 1954 als erste den Spielstand des WM-Finales anzeigte: Deutschland-Ungarn 3:2. Wer wissen will, was es in Bern mit Lust und Laster auf sich hat, sollte sich der Führung „Auf den Spuren der sieben Todsünden“ anschließen. Als Grundlage für den Rundgang durch das Weltkulturerbe Bern dienen Habgier, Neid, Wollust und Völlerei. Die legendäre Exkursion gibt es auch mit „Fübi“ (Feierabendbier).

Walk of fame: Von Beethoven bis Falco begegnet man auf dem Wiener Zentralfriedhof den Grabmälern vieler Prominenten
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Wien
„Der Tod, das muss ein Wiener sein.“ Mit dem geflügelten Wort des Dichters Georg Kreisler im Ohr macht man sich mit der Donaumetropole am besten auf dem Zentralfriedhof vertraut. Er gilt als Österreichs größte Stadt mit drei Millionen „Bewohner:innen“. Wer es genauer wissen will, schließt sich einer Führung an, etwa mit dem beziehungsreichen Titel „Von Beethoven bis Falco“. Eher von oben als von unten schaut man auf Wien von der Jubiläumswarte auf dem Gallitzinberg am westlichen Stadtrand, 183 Stufen hoch, kostenlos und 24 Stunden am Tag.

Das Off Theater in der Kirchengasse ist die Spielstätte des preisgekrönten Bernhard Ensembles. Die freie Theatergruppe bringt „Mash-ups“ auf die Bühne und präsentiert von der Kritik meist hochgelobte dramaturgische Verbindungen von österreichischen Bühnenklassikern mit internationalen Kultfilmen. Markenzeichen des Bernhard Ensembles ist, so heißt es im Flyer, „die stark gefärbte Sprache, die dem Wiener Idiom in höchstem Maße verpflichtet ist“. Und für das gepflegte Getränk danach lohnt sich der Versuch einen Platz in der sehr versteckten, sehr kleinen, aber sehr exklusiven Bar „Tür 7“ zu ergattern, bitte mit Reservierung!