Mann telefoniert im Zug
© Deutsche Bahn

Nachgefragt
„Das Zusammenkommen von Menschen bleibt der Maßstab“

09/2020

Warum Dr. Carsten Schildknecht, CEO der Zurich Gruppe Deutschland, das Reisen auf Schienen liebt und auch immer mehr Mitarbeiter dafür gewinnt

Seit zwei Jahren ist Dr. Carsten Schildknecht Chef der Zurich Gruppe Deutschland. Im Herbst 2019 eröffnete er den hochmodernen Zurich Campus im Kölner Stadtteil Deutz, der nun ein fester Teil der Kölner Skyline ist und 2800 Mitarbeitern ein berufliches Zuhause gibt. Schildknecht selbst bezeichnet sich als „Bahnfan“ – wie praktisch, dass das neue Headquarter direkt neben dem ICE-Bahnhof liegt. Im Interview spricht der Manager darüber, warum er während der Zugfahrt am liebsten E-Mails beantwortet und erklärt, weshalb persönliche Geschäftstreffen weiterhin wichtig bleiben. Nur auf die Frage, wie er seinen Hund für das Bahnfahren begeistern kann, hat er selber noch keine Antwort gefunden.

Wie oft nutzen Sie die Bahn für Geschäftsreisen?

So zehn bis 15 Mal pro Monat, momentan natürlich weniger. Im Zuge des Lockdowns haben wir 95 Prozent der Belegschaft ins Homeoffice geschickt. Da bin ich natürlich auch zu Hause geblieben: Wenn ich möchte, dass sich meine Mitarbeiter an die Regeln halten, muss ich mit gutem Beispiel vorangehen. Derzeit ist die generelle working@home Regel zwar wieder aufgehoben, es arbeitet aber immer noch ein großer Teil der Belegschaft von zu Hause aus, zumindest tageweise. So können wir derzeit die Bürobelegung auf knapp 40 Prozent beschränken. Wenn die Infektionszahlen ansteigen, werden wir aber auch wieder in die andere Richtung reagieren.

Die moderne Technik macht es möglich, dass wir auch weiterhin vom heimischen Küchentisch aus digital konferieren können. Wie wichtig sind da überhaupt noch persönliche Treffen?

Vor dieser Frage standen wir als Unternehmen auch gerade. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass digitale Meetings kein Dauerzustand sein dürfen. Sie funktionieren gut, um eingespielte Prozesse zu absolvieren und so quasi den Status Quo zu verwalten. Problematisch wird es, wenn wir etwas Neues kreieren wollen. Gerade, wenn wir uns bei neuen Projekten noch im Ideenstatus befinden, müssen wir persönlich zusammenkommen, um uns spontan und direkt die Bälle zuzuspielen. Das funktioniert nicht so gut über den Bildschirm. Ich bin sicher, dass in Zukunft mehr Arbeit von zu Hause aus geleistet werden wird – aber working@home hat seine Grenzen. Wobei ich noch anmerken muss, dass sich viele unserer Mitarbeiter echt gefreut haben, wieder in ihre Büros zurückkehren zu können. Vor allem, weil wir unser neues fantastisches Gebäude direkt neben dem Bahnhof Köln-Deutz erst im letzten Jahr bezogen haben.

Für Sie ist es ja nur ein Katzensprung zum Bahnsteig. Was sind weitere Gründe, warum Sie mit dem Zug zu Geschäftsterminen reisen?

Zum einen natürlich der Klimaschutz. Wir haben uns als Zurich-Gruppe dem 1,5 Grad-Ziel verpflichtet und wollen eines der nachhaltigsten Unternehmen der Welt werden. Insofern finde ich es wichtig, dass man auch bei Businessreisen auf Klimaschutz achtet. Darüber hinaus ist Bahnfahren super bequem und schnell. Die Strecke Köln-Frankfurt ist einfach unschlagbar, da könnten Sie mit einem Ferrari neben dem Zug herfahren und wären nicht schneller am Ziel. 40 Minuten, das ist schon ein Wahnsinn. Für mich alternativlos.

Mann sieht auf sein Handy im Zug
© Deutsche Bahn

Sehen Ihre Mitarbeiter das ähnlich – oder müssen Sie die erst überzeugen?

Bevor wir im letzten Jahr in unser neues Headquarter gezogen sind, mussten wir vorher die Anzahl der benötigten Parkplätze einplanen. Wir haben uns aus Nachbargebäuden noch Parkplätze dazu gemietet, weil nicht sicher war, ob der Platz reicht. Als dann die tatsächlichen Reservierungen eingingen, war schnell klar, dass wir viel zu viele Parkplätze hatten, weil sich viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lieber für ein von uns bezuschusstes Job-Ticket entschieden. Das zeigt doch, dass da gerade ein Wandel passiert. Im Übrigen gibt es bei uns keine Firmenwagenregelung mehr, sondern eine Mobilitätsregelung. Da kann man sich eine Bahncard 100 geben lassen und diese 365 Tage im Jahr nutzen, wenn man auf den Dienstwagen verzichtet. Auch dieses Angebot kommt sehr gut an.

Haben Sie als Vielreisender ein typisches Ritual, irgendetwas, was Sie immer machen, wenn Sie Bahn fahren?

Als erstes lese ich auf meinem Tablet die aktuellen Nachrichten und die Presselage. Danach bearbeite ich meine E-Mails. Das mache ich regelmäßig morgens auf der Hinfahrt und auch auf der Rückfahrt. Das ist sehr effizient und das Beste ist: Wenn ich abends zu Hause ankomme, habe ich alles erledigt und kann zufrieden in den Feierabend gehen.

Können Sie in der Bahn gut arbeiten?

Sehr gut sogar, weil ich dort genug Platz und Privatsphäre habe. Mein Laptop ist mit einem Screenschutz gesichert, so dass mir niemand von der Seite auf den Bildschirm schauen kann. Dass der Telefonempfang in den Waggons manchmal nicht so gut ist, ist nicht so tragisch, weil ich nicht gerne in der Bahn telefoniere. Man weiß ja nie, wer vor oder hinter einem sitzt und mithört. (lacht)

Was würden Sie sich wünschen?

Wenn doch mal dringende Telefonate anstehen, sollte die Verbindung stabil bleiben, auch wenn man gerade durch einen Tunnel fährt. Ich weiß jedoch nicht, wie und ob das überhaupt technisch lösbar ist. Die gesamte Kommunikation nach draußen, sei es über WLAN oder Telefon, könnte stabiler sein. 

Die Strecke Köln-Frankfurt ist einfach unschlagbar, da könnten Sie mit einem Ferrari neben dem Zug herfahren und wären nicht schneller am Ziel.
Dr. Carsten Schildknecht, CEO der Zurich Gruppe Deutschland

Aufgrund der Corona-Pandemie sorgen sich einige Reisende vor einer Ansteckung im Zug. Was gibt Ihnen persönlich ein gutes Gefühl, weiter die Bahn zu nutzen?

Zunächst einmal sind die Reisenden extrem diszipliniert, tragen eine Maske und versuchen auch wirklich Abstand zu halten. Und die Züge sind ja nicht ganz voll, im Gegenteil, momentan ist es überhaupt kein Problem, den nötigen Abstand zu halten. Ich denke auch, dass das Hygienekonzept funktioniert. Ich habe da keine Befürchtungen.

Haben Sie sich schon an das Tragen der Maske gewöhnt?

Nun ja, mehrere Stunden eine Maske zu tragen, ist für mich als Brillenträger schon etwas nervig. Aber wir haben ganz fantastische Zurich-Masken. Die sind mit einer speziellen Filterfunktion durch einen ganz hochwertigen Stoff ausgestattet, der einen vernünftig atmen lässt. Und wenn man sie vom Gesicht zieht, kann man sie auch als Halstuch tragen.

Nutzen Sie die Bahn auch privat – etwa für Urlaubsreisen?

Wir haben drei Hunde, darunter einen Englischen Mastiff namens Ivy. Meine Frau und ich sind wirklich große Bahnfans, konnten aber unsere Ivy noch nicht überzeugen, mit der Bahn zu fahren. Die ist sehr skeptisch neuen Situationen gegenüber und würde sich wahrscheinlich mit ihren 90 Kilo heftig wehren überhaupt in den Waggon zu steigen.

Welches ist Ihre Lieblingsstrecke?

Ich wohne im Rhein-Main-Gebiet und fahre fast täglich von Frankfurt nach Köln-Deutz. Wenn der Zug im Bahnhof einfährt und ich dann unser neues, supermodernes Bürogebäude mit dem blauen Zurich-Logo sehe, freue ich mich jedes Mal. Dieser Anblick ist einfach unschlagbar.