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New Work
Diese Menschen verändern unsere Arbeitswelt

04/2022

Mit digitalen Techniken und Apps wird die Arbeit mobiler, agiler und selbstbestimmter. Wir stellen fünf Unternehmen vor, die mit klugen Ideen neue Chancen für Arbeitnehmer:innen und Unternehmer:innen eröffnen.

Arbeiten, wo man sich wohlfühlt: GetRemote

Was lange Zeit wie eine Vision aus der Start-up-Szene erschien, ist für viele Beschäftigte Wirklichkeit geworden: Arbeiten ohne Büropräsenz. Und das betrifft nicht nur die klassischen Büroarbeitsplätze, die einen Anteil von 50 Prozent an der beschäftigten Bevölkerung in Deutschland haben. Lehrer:innen geben von zu Hause aus Online-Tutorials, Coachinnen und Coaches Webinare, und auch in Industrie und im Handwerk beschleunigte die Pandemie das dezentrale Arbeiten. Aus Sicht von Teresa Hertwig wird die Berufswelt gerade einmal runderneut. Und die 32-Jährige trägt mit ihrem jungen Unternehmen GetRemote wesentlich dazu bei. Sie berät Organisationen und Manager:innen dabei, Fernarbeit erfolgreich zu etablieren. Ihr Motto: „Arbeiten, wo man sich wohlfühlt“. Klingt einfach, lässt sich im Alltag aber nicht immer so leicht umsetzen. „Gerade freies Arbeiten braucht verbindliche Leitplanken“, ist Hertwig überzeugt. Wie oft in der Woche trifft sich das Team zum Videocall, wie lange sollen die Meetings gehen? Oder auch: Wann und wie lange sind Mitarbeiter:innen am Tag erreichbar? All diese Fragen müssten geklärt werden. Beim Festlegen eines Team-Kodexes lässt Hertwig die Teilnehmer:innen schon mal anonym auf Zettel schreiben, wie lange man sich mit der Antwort auf eine E-Mail Zeit nehmen kann, um daraus Vereinbarungen abzuleiten. Der größte Feind des dezentralen Arbeitens, so ihre Erfahrung, seien ständige Unterbrechungen. Man könne dies und das machen, doch überall warteten Ablenkungen. Ihr Gegenmittel: in Intervallen arbeiten. Mal 25 Minuten mit fünfminütiger Pause, mal 50 Minuten mit zehnminütiger Unterbrechung. „In der Zeit stehe ich weder für einen Toilettengang auf noch beantworte ich E-Mails, die vom Thema ablenken. Die Methode hilft, effektiv zu sein.“
getremote.de

Tinder für die Karriere: talentbay

Datingportale haben gezeigt, wie Algorithmen Menschen zusammenbringen. Warum sollte das nicht auch im Jobmarkt funktionieren? Das fragte sich ein Münchner Start-up – und launchte vor einem Jahr die App talentbay. Damit erhalten Student:innen einen unkomplizierten Zugang zu Unternehmen und deren Stellenangeboten. Sie müssen dafür nicht wissen, wer gerade was anbietet. Fragen wie „Wo wird an E-Batterien geforscht?“ oder „Wer entwickelt neue Impfstoffe?“ genügen, um potenzielle Arbeitgeber:innen aufzuspüren. Ein Algorithmus sorgt dafür, dass Angebot und Nachfrage zusammenfinden. Unternehmen können gezielt nach Schlagworten suchen, zum Beispiel nach einem potenziellen Strömungsabriss-Ingenieur, und bekommen die Ergebnisse dann in einer Hierarchie angezeigt: vom 100-prozentigen Treffer bis zu Student:innen aus ähnlichen Fachrichtungen. Umgekehrt haben Bewerber:innen die Möglichkeit, per App direkt Kontakt zu den Fachabteilungen aufzunehmen, ohne erst den Weg über die Personalabteilung zu gehen. „In Zeiten des Fachkräftemangels verschiebt sich der Markt immer mehr zugunsten der Kandidaten, und die wollen sich schnell darüber informieren, was hinter dem Unternehmen steckt und was sie von zukünftigen Arbeitgebern erwarten können“, sagt Marc Irmisch-Petit, Geschäftsführer von talentbay. Er hofft auf schnelles Wachstum. Bis zum Jahresende möchte man 4.000 Unternehmen und 50.000 Student:innen gewinnen. Denn je mehr Menschen die App nutzen, desto näher rückt das, was sich alle Teilnehmer:innen davon erhoffen: das perfekte Match.
talentbay.app/de

Will Chefs und Chefinnen besser machen: Katja Nettesheim
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Personal Trainer für digitales Chefsein: Culcha

„Culcha macht deinen Chef besser“, antwortet Katja Nettesheim gern auf die Frage, was die App ihres Unternehmens leistet. Um dieses Ziel zu erreichen, schickt ein Programm Impulse, Aufgaben und Wissen zu Themen wie Führung, Transformation oder Resilienz an die Nutzer:innen. Jedes Lernmodul besteht aus 20 bis 30 virtuellen Karten, die als Aufgaben in Form von Video, Text, Grafik und Präsentationen auf mobile Endgeräte oder den Desktop gesendet werden. Geht es um die Motivation von Mitarbeiter:innen, werden verschiedene Aufgaben zu Aspekten wie Feedback-Kultur, Delegation oder Storytelling eingespielt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Wie gut ist die Kommunikation? Neigt die Führung dazu, sich von anderen Abteilungen zu distanzieren („Die im Vertrieb haben immer schon …“)? Fühlen sich alle Teammitglieder für das Gesamtergebnis verantwortlich, oder dominiert ein Silo-Denken? Aus den Antworten leitet die App Verhaltensmechanismen ab, die schon damit beginnen können, dass dem oder der Manager:in Schnupperstunden in den Abteilungen vorgeschlagen werden. Culcha versteht sich als digitaler Personal Trainer, der die Aufgaben immer wieder an das persönliche Level der Nutzer:innen anpasst. „In herkömmlichen Schulungen kommen die Teilnehmer:innen mit guten Vorsätzen zurück ins Büro, die dann aber schnell wieder vergessen sind“, sagt Nettesheim. „Mit unserer Software wollen wir dazu beitragen, dass sich die neuen Gewohnheiten einprägen.“
culcha.com

Hilfe beim Jobwechsel: XU Group

Deutschland steht vor der gewaltigen Herausforderung, Menschen von analogen in digitale Jobs zu bringen. Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales müssen sich 40 bis 50 Prozent aller Beschäftigten bis 2030 neu qualifizieren. „Wir haben keinen Mangel an Fachkräften, wir haben einen Mangel an Qualifizierung“, sagt Nicole Gaiziunas von XU, einer Lernplattform für Weiterbildung und Neuqualifizierung. Die Gründerin möchte Menschen aus kriselnden Branchen fit für die digitale Arbeitswelt machen und konzentriert sich dabei vor allem auf die Bereiche Digitalisierung, E-Mobilität und Nachhaltigkeit. Zum Beispiel unterstützt XU Angestellte aus Bereichen wie Verwaltung, Logistik oder Produktion darin, sich Kenntnisse in einer Coding-Sprache wie Java oder Python anzueignen. In Onlinekursen wie „Python Developer“ vermittelt XU Grundlagen, mit deren Hilfe man Webseiten, Apps und E-Commerce-Lösungen programmieren kann. Nach Bestehen der sechs- bis zwölfmonatigen Kurse haben Teilnehmer:innen gute Chancen bei einer Bewerbung auf Coding- und Programmier-Stellen. Der Bedarf an neuen und neu qualifizierten Fachkräften ist groß. Ebenso groß ist die Perspektive des Berliner Start-ups: Pro Jahr möchte es 30.000 Menschen fit für digitale Jobs machen.
xu.de/de/

Mission Work-Life-Balance: Die voiio-Gründer:innen Holger Klinger (v.links), Kerstin Michels und Björn Wind
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Mehr Balance zwischen Beruf und Familie: voiio

Es begann mit der Ferienbetreuung: voiio organisierte Fußballcamps, Zoobesuche oder Kurse in Urban Gardening, um sie im Auftrag von Unternehmen der Belegschaft anzubieten. Doch dann kam die Pandemie, und das Start-up aus Berlin musste sein Angebot komplett von off- auf online umstellen. Was zunächst aus der Not heraus geboren wurde, entpuppte sich als Turbo für das Wachstum. Statt Besuche vor Ort entwickelte das Team um Mitgründerin Kerstin Michels eine Onlineplattform für die virtuelle Kinderbetreuung und half damit Beschäftigten, im Homeoffice weiterarbeiten zu können. Heute spielen, malen oder lesen erfahrene Betreuer:innen in vielen Videochats zu flexiblen Uhrzeiten mit Kindern. Noch immer ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben eine Herausforderung, mit der vor allem weibliche Beschäftigte zu kämpfen haben. voiio will deshalb jede familiäre Lebensphase mit hilfreichen Chats und Kursen unterstützen, angefangen von Hebammensprechstunden und Coachings für die Zeit nach der Geburt bis zur Nachhilfe und Hausaufgabenbetreuung von Schüler:innen. Zu den mehr als 3.000 Angeboten gehören auch Beratungen für die psychische Gesundheit, Online-Yoga und 45-minütige Fitnesskurse. Davon soll das ganze Unternehmen profitieren. Denn stressfreies Arbeiten, so die Erfahrung von voiio, erhöhe die Produktivität und verringere Fehlzeiten. Bisher gibt der Erfolg den Gründer:innen recht: In zwei Jahren gewann die Plattform 350 Partnerunternehmen und 350.000 Mitglieder.
voiio.de