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Feierabend
Erfolgreich im Beruf mit Social Media

11/2019

Wer sich beruflich in sozialen Netzwerken bewegt, kann sich als Experte auf seinem Gebiet profilieren und wird wertvoller für sein Unternehmen. Ein Leitfaden für Einsteiger.

Die Frage, die am Anfang steht: Wozu Zeit in eigene Social-Media-Profile investieren, wenn der Betrieb selbst professionelle Auftritte hat? Die Antwort: Während Firmenaccounts vorrangig Produkte oder Dienstleistungen vermarkten wollen, können sich Mitarbeiter als Experten positionieren. „Personen sind Know-How-Träger, sie diskutieren mit anderen zu ihrem Spezialgebiet“, erklärt Helge Ruff, der die Münchener Agentur One Two Social leitet. Laut Social-Media-Atlas 2017 misstrauen fast zwei Drittel der Facebook-Nutzer kommerziellen Inhalten. Postet hingegen ein Betriebsangehöriger selbst, wirkt das glaubwürdiger.

Positionierung als Experte

„Kontinuierliche Kommunikation zu einem bestimmten Thema hat Folgen“, weiß Helge Ruff aus eigener Erfahrung. Große Aufträge für seine Agentur hat er auch bereits über seinen persönlichen Instagram-Feed an Land gezogen. Wer regelmäßig spannende Inhalte veröffentlicht und mit anderen über Trends und Entwicklungen diskutiert, gilt als Spezialist in seinem Bereich und wird als Speaker oder Interviewpartner angefragt. Das Stichwort heißt Personal Branding. Dadurch werden potentielle Kunden und Geschäftspartner auf das Unternehmen aufmerksam. Zudem kann das die Karriere positiv beeinflussen: „Wer sich als Experte hervortut, wird eher für eine Beförderung in Betracht gezogen. Ich werde für den Betrieb wertvoller, denn bei einem Jobwechsel könnte ich meine Reichweite ja mitnehmen.“

Laut Helge Ruff gibt es keine Regel, ab welcher Hierarchieebene die jobbezogene Nutzung von Social Media starten soll. „Das kann jeder, sobald er eine Kompetenz hat, über die man reden kann.“ Daneben setzt er ein Interesse der Person für soziale Netzwerke voraus.
Wichtig ist lediglich, sich an die Social-Media-Guidelines des Unternehmens zu halten.

Die Wahl der Plattform

Neben der Erstellung und Pflege des eigenen Karriereprofils eignet sich laut Helge Ruff LinkedIn äußerst gut, um berufliche Inhalte zu teilen und sie präzise an die richtigen Adressaten zu bringen. Instagram nutzt, wer ein Produkt oder Thema zeigen will, das sich optisch gut inszenieren lässt. Twitter gilt als newsorientiertes Medium, Facebook sei im Berufskontext vernachlässigbar. „Auf einer Plattform stark vertreten zu sein, gute Inhalte und viele Interaktionen vorweisen zu können ist besser, als eine breite Streuung über mehrere Plattformen. Social Media lebt nicht vom Aussenden, sondern vom Austausch mit anderen.“, fasst der Experte zusammen.

Aufbau einer Followerschaft

Bevor es jedoch zu diesem Austausch kommt, braucht es viel Zeit, um Reichweite aufzubauen. Zu Beginn startet die Interaktion in Social Media zumeist mit realen Kontakten aus dem Beruf. Im nächsten Schritt folgt die Suche nach Kennern des Themas, und ein Austausch über deren Inhalte. Schließlich kommt die Veröffentlichung eigener Texte, Bilder oder Videos, über die wiederum mit anderen Nutzern diskutiert wird. Agenturchef Helge Ruff bewertet eine gute Reichweite im Berufskontext nicht über die Zahl, sondern über die Qualität: „Wer nur wenige, aber für die Branche wichtige Kontakte hat, braucht nicht zwingend eine fünf- oder sechsstellige Followerschaft.“

Profil, ok. Reichweite, ok. Und worum drehen sich die Inhalte? Das lässt sich laut Ruff am einfachsten mit den Fragen „Als was will ich gesehen werden? Was ist meine persönliche Marke?“ herausfinden. Inhalte im Berufskontext müssen zudem professionell sein. Allzu emotional oder privat sollten die Posts nicht werden. „Welche Art von Post funktioniert, hängt vom Thema und von der Zielgruppe ab“, sagt Ruff. Er rät dazu, gerade am Anfang, die Posts von anderen zu analysieren und die eigenen Veröffentlichungen zu reflektieren. So finde man mit der Zeit zu einem eigenen, authentischen Stil.

Orientierung können Rankings bieten: Der Software-Anbieter Hootsuite beispielsweise veröffentlich regelmäßig ein Ranking der „Top Social CEOs“ in Deutschland. Derzeit führt Sozialunternehmerin Sina Trinkwalder die Bestenliste an, die auf Twitter regelmäßig erfolgreich Themen setzt. Auf den Plätzen zwei und drei rangieren Siemens-CEO Joe Kaeser und Robin Blase, der eine Agentur für Webcontent betreibt und sich als Rob Bubble zuerst auf YouTube, später auch auf Instagram und Twitter einen Namen machte.

Der Faktor Zeit

Social-Media-Kenner Ruff rät, feste Zeiten für die Pflege der Auftritte zu blocken, zum Beispiel zwei Mal pro Tag eine halbe Stunde, vor der Mittagspause und vor dem Feierabend. Je höher die Reichweite und je einflussreicher der Absender, desto größer wird der Zeitaufwand. „Ein Vorstand betreut seinen Social-Media-Kanal selten allein, eine weitere Person oder eine Agentur stehen meist dahinter.“

Social Media im Job-Kontext – Dos

Sie haben eine Expertise in einem Thema und interessieren sich für den Austausch mit anderen in sozialen Netzwerken? Prima, Medium auswählen und los geht’s. Ihnen fehlt entweder das eine oder das andere? Eignen Sie sich zuerst das nötige Wissen an, bevor Sie starten.

Pflegen Sie Ihr soziales Netzwerk (werk-)täglich. Antworten Sie auf Anfragen und reagieren Sie auf interessante Postings von anderen. Veröffentlichen Sie eigenen Content in regelmäßigen Abständen, das muss nicht jeden Tag sein.

Probieren Sie viel aus, um herauszufinden, welche Art von Post Ihnen liegt und was Ihren Followern gefällt. Beobachten Sie außerdem, was andere Präsenzen erfolgreich macht. Welche Bilder funktionieren gut? Auf welche Videos reagieren Ihre Nutzer? Zu welcher Tageszeit sind die Posts am erfolgreichsten?

Überlegen Sie, welche Plattform zu Ihrer Zielgruppe, Ihrem Thema und Ihren eigenen Neigungen passt. Fokussieren Sie sich auf ein bis wenige Medien, bei der Reichweite im Berufskontext zählt Klasse statt Masse.

Social Media im Job-Kontext – Don’ts

Posten Sie nichts (zu) Privates. Wählen Sie gut aus, welche Inhalte in das Bild passen, das Ihre Follower von Ihnen haben sollen.

Lassen Sie Social Media nicht zum Zeitfresser werden. Blocken Sie sich täglich ein bis zwei Fenster genau dafür. Entweder die halbe Stunde morgens in der Bahn oder vor der Mittagspause oder dem Feierabend. Ein Anschlusstermin hilft dabei, zeitliche Disziplin zu wahren.

Überlegen Sie gut, ob und zu welchen politischen Themen Sie sich äußern. Halten Sie sich an die Social-Media-Guidelines Ihres Unternehmens. Falls es solche nicht gibt, besprechen Sie mit der Marketingabteilung, worauf Sie achten sollen.

Vergessen Sie Ihr LinkedIn-Profil nicht. Um von Headhuntern gefunden zu werden und Jobchancen zu wahren, sollten Sie neben Ihren anderen Social-Media-Präsenzen auch in dem Karrierenetzwerk vertreten sein.

Zur Person
Helge Ruff hat in Mannheim BWL und Physik studiert. Der 37-Jährige beschäftigte sich bereits mit sozialen Netzwerken, als es Facebook in Deutschland noch gar nicht gab und er sein damaliges E-Commerce-Unternehmen über Lokalisten.de, Studi-VZ und MySpace promotete. Mit der von ihm gegründeten und geführten 50 Mitarbeiter starken Agentur One Two Social in München betreut er Unternehmen wie Sky oder Kaufland bei ihren Social-Media-Präsenzen. Zur Inspiration empfiehlt er die Social-Media-Auftritte von Gorden Wagener und Gary Vaynerchuk.