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Anders arbeiten
Job Crafting: Der Weg zu sinnvoller Arbeit

05/2021

Warum arbeiten Menschen? Klar, um Geld zu verdienen. Und sonst? WAGEN EINS erklärt, wie durch eigenes, aktives Gestalten jeder Job mehr Erfüllung bringt.

Wer macht’s schon gern „nur“ für Geld?

Es gibt viele Gründe, zur Arbeit zu gehen, Geld ist nur einer davon – und nicht immer der wichtigste. Wenn wir über jemanden sagen, „diese Person tut‘s nur fürs Geld“, dann ist das mehr als eine reine Beschreibung des Motivs. Gemeint ist, dass derjenige seine Aufgabe ohne Überzeugung, ohne Herz erfüllt. Auf Dauer frustrierend für das Individuum und schädlich für die Organisation. Wie viel Freude und Effizienz würden gewonnen, wenn man sich Jobs so gestalten könnte, wie man sie gern hätte! Aber geht das?

Mehr Erfüllung dank Job Crafting

Ja, das geht. Eine der Methoden, mit denen dieses Ziel erreicht wird, heißt Job Crafting, zu übersetzen in etwa mit: Modelliere (von engl: craft – etwas fertigen) deinen eigenen Arbeitsplatz. Diese Aufforderung ist an alle gerichtet, deren aktueller Arbeitsplatz nicht ihren Talenten, Vorlieben und Erwartungen entspricht. Statt die Rolle in der Organisation so anzunehmen, wie sie in der Stellenbeschreibung fixiert ist, können einzelne Aspekte einer Rolle mit individuellen Wünschen, Bedürfnissen und Vorstellungen verbunden werden – und zwar in jedem Job! Auch Unternehmen wissen die Kraft dieses Modellierens zu nutzen und ermutigen Mitarbeitende, sich aktiv in Gestaltung und Sinnfindung einzubringen sowie Mobilität innerhalb der Organisation zu erleichtern.

Machen Sie Teile von sich zu Teilen Ihres Jobs

Der Begriff Job Crafting geht auf Arbeiten von Dr. Amy Wrzesniewski von der Yale School of Management zurück. Im Rahmen einer Studie über Engagement, Arbeitszufriedenheit und Belastbarkeit befragte sie Reinigungspersonal in einem Krankenhaus. Dabei stellte sie fest, dass eine Gruppe der Befragten ihre Arbeit exakt so beschrieb wie in ihrer Stellenbeschreibung festgelegt. Die Tätigkeiten wurden überwiegend als eintönig, anspruchslos und wenig erfüllend bewertet. Die zweite Gruppe jedoch, die unter genau denselben Bedingungen arbeitete, charakterisierte ihre Arbeit völlig anders. Sie stellte andere Tätigkeiten in den Vordergrund und bewertete diese als beglückend und wichtig für die Funktion des Krankenhauses – nämlich Menschen bei der Genesung zu helfen. Ein Beispiel: Eine der Reinigungskräfte gab an, auf der Station mit den Koma-Patienten regelmäßig die Bilder an den Wänden umzuhängen. Sie meinte, das stimuliere womöglich die Patienten, und so könne sie die Heilung unterstützen. Die von dieser Arbeitsauffassung überraschten Forscher fragten nach. Die Reinigungskraft erklärte: „Das ist kein Teil meiner Arbeit. Das ist ein Teil von mir.“ Statt also einfach zu tun, was gefordert war, setzte diese zufriedene Reinigungskraft ihre Arbeit in Beziehung zu ihrer Persönlichkeit und zu den Zielen der Organisation, für die sie arbeitete.

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Vom Job, den Sie haben, zum Job, den Sie wollen

Alles eine Frage der Einstellung also? Nur zum Teil, denn natürlich ist Arbeiten auch für Job Crafter kein reines Wunschkonzert. Doch jeder Job besteht aus verschiedenen Bausteinen, die unterschiedlich gewichtet und geschichtet werden können, um einen erfüllenden Arbeitsalltag zu konstruieren. Beim Job Crafting geht es weder um einen mentalen Trick, um sich selbst zu betrügen, noch darum, ungeliebte Aufgaben unter den Tisch fallen zu lassen. Job Crafting bedeutet, aktiv zu werden und die eigene Arbeit motivierend zu gestalten.

So werden Sie zum Job Crafter

Die Idee gefällt Ihnen, aber Sie wissen nicht, wie Sie anfangen sollen? Zuerst brauchen Sie eine Bestandsaufnahme: Wo stehen Sie? Wo wollen Sie hin? Klingt einfach, gestaltet sich in der Umsetzung aber oft schwierig.

 

Los geht’s. WAGEN EINS erklärt die vier wichtigsten Schritte im Job Crafting:

Aufgaben-Crafting: Was?

Was sind Ihre Aufgaben? Welche davon machen Spaß, wo sind Sie besonders gut? Wo möchten Sie sich noch verbessern, welche Kenntnisse erweitern? Was möchten Sie in Zukunft mehr tun, was weniger?

Beziehungs-Crafting: Mit wem?

Mit welchen Kolleginnen und Kollegen, Kundinnen und Kunden arbeiten Sie? Wie ist Ihre Position innerhalb des Unternehmens, wer ist Ihnen vorgesetzt, wer gehört zum Team? Mit wem arbeiten Sie besonders effektiv zusammen, von wem können Sie lernen, wem können Sie etwas beibringen? Können Sie Aufgaben mit jemandem teilen oder tauschen?

Wahrnehmungs-Crafting: Wie und wo?

Wie geht es Ihnen jetzt? Wie und wo arbeiten Sie? Um welche Uhrzeit? Wie sind Arbeitsumgebung und Arbeitsplatz gestaltet?

Purpose-Crafting: Warum?

Purpose steht hier für den Sinn, den genau Ihre Arbeit für genau Ihr Leben hat: Warum gehen Sie jeden Tag zur Arbeit? Möchten Sie einen Beitrag für die Gesellschaft und das Unternehmen leisten? Und tun Sie es tatsächlich? Welchen persönlichen und unternehmerischen Zielen dient mein Job, so wie er ist? Welchen Zielen könnte und sollte er dienen?

Nehmen Sie sich ein bisschen Zeit zum Beantworten dieser Fragen. Auf jeden Fall lernen Sie sich, Ihre Wünsche und Stärken besser kennen. Dann gilt es, Ihre Vorstellungen, auch gemeinsam im Team, umzusetzen.